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Entstehung der Hagelisten

Hagelisten-Schützengesellschaft

Die Entstehung der Hagelisten und Teupen

 

Pate stand bei der Gründung beider Gesellschaften ein Streit, nicht um ein Mädchen, nicht um einen zweifelhaften Königsschuß, auch nicht um die Art der Verwendung von Geldern für ,,Schüttenbeer”. Nein, es ging um die Stellung eines ,,Diskjockey” oder besser um die Frage, wer von zwei Musikern als Solist oder als Bandleader aufspielen sollte. “Unner de Rohde” oder im ,,Musikschuppen”. Die Fanclubs der beiden Gründungspaten (Äspaten!) hießen bald ,,Hagelisten” und ,,Teupisten” oder ,,Teupianer”, dann allgemein ,,Teupen” - nach ihren Fans, dem Musikus Franz Teupe und dem Musikus Josef Hagel.

 

 

Wer war Franz Teupe?

Der Name Teupe stand seinerzeit in Emsdetten und Umgebung wie heute in hohem Ansehen. Der Witwe des Webers Josef Teupe gehörte zum Zeitpunkt der Erstellung des Urkatasters von Emsdetten (1828-1830 erste moderne Vermessung und Verkartung des Grundbesitzes) ein Hausgrundstück an der Rheiner Straße, etwa 6o Meter stadtauswärts von dem Punkt, an dem gegenüber die Wilhelmstraße (Alte Stiege) einmündet. Ein Franz Teupe war Eigentümer des dritten Hausgrundstücks links in der Emsstraße. In der Emsstraße 2 wohnte damals der Brenner Leifhelm. Dieser Name wird in der Geschichte der Schützengesellschaften wiederholt genannt. Franz Teupe war ebenfalls Eigentümer eines weiteren Hausgrundstücks, dem zweiten Grundstück hinter Maylands-Eck an der Rheiner Straße. Auch war er Eigentümer  an der Kreuzstraße, damals Heuer-Haus, und bis in unsere Tage noch von der Familie Teupe bewohnt. Im Jahre 1825 hatte Franz Teupe an das Pastorat vier Taler 15 Groschen an Landheuer (Pacht) und zwei Taler ein Groschen an “Wortgeld” zu zahlen. Franz Teupe war übrigens noch Eigentümer von vier Flächen Land, insgesamt gut zwei Morgen Größe, im ,,Denengarten” (Neubrückenstraße = alter Diemsgaoren) und in ,,Schniederskamp” an der Bachstraße, nahe beim Krankenhaus. Einen weiteren Besitz von gut acht Morgen (ca. ein Morgen Acker, zwei Morgen Wiese, fast drei Morgen Weide und zweieinhalb Morgen Heide) besaß Franz Teupe in Westum im ,,Haverschlatt”. Im Hausstätten-Schatzungsregister 1662 ist der Kötter Teupe als Eigentümer von zwei bewohnten Häusern in Westum eingetragen und mit zehn Schilling zur Schätzung veranlagt. Daß er als Tecklenburgischer Eigenhöriger ausgewiesen ist, spricht dafür, daß sein Kotten abgezweigt worden ist, vermutlich von dem Erbe Beutel, das wohl während des 30jährigen  Krieges so schwer geschädigt wurde, daß es nicht wieder in Schwung kam. Teupe wird einen Teil der Ländereien bei dieser Gelegenheit erworben haben. Hof Beutel und auch das Haverschlatt lagen nicht weit entfernt von der Westumer Kapelle. Eine Maria Teupe war 1652 Taufpatin bei einem Bernhard Beutel. Im Jahre 1719 erhielt ein Johann Teupe (damals noch meistens: Teype) aus der Mark in Westum einen Zuschlag an Land von zwölf Schritt Breite und 118 Schritt Länge. Ein alter Hollhorster (August Beckmann) sagte einmal: Im Volksmund hieß es von Teupe: ,,So wiet man Teypen Jungs blaosen hoeren kann, ligg Teypen Grund”. Wir wissen auch, wie Familie Teupe ihren Wohlstand erworben hatte. Auf Michaelis 29. 09. 1780 pachtete Johann Teupe den ,,Zoll” zu Emsdetten auf drei Jahre für zehn Reichstaler. Es ist hier nicht  darzulegen, was damals ein Zöllner in Detten  zu tun hatte; es soll genügen, zu wissen, daß er  an ,,Pacht” hierfür an den Staat nur zehn Taler zahlte. Da wird für ihn sicherlich genug übrig geblieben sein. Am 04.03.1780 wurde im Amt Rheine-Bevergern von der Behörde ,,die Musik verpachtet” für die Zeit vom 26. Nov. 1781 bis 26. Nov. 1782. Die Musik im Kirchspiel Emsdetten pachtete ein Teupe für drei Taler, 18 Schillinge, acht Stüber. Auch für die Musik im Kirchspiel Riesenbeck zahlte ein Teupe als Pächter sieben Taler, vier Schillinge, acht Stüber. Ebenso zahlte ein Teupe für die Musik im ,,Wigbold” Bevergern vier Taler. Ob diese drei Teupen-Pächter alle Emsdettener waren oder sogar ein und dieselbe Person, wissen wir nicht. Jedenfalls wissen wir nun, daß unserem Teupen-Paten die Musik im Blut lag.

 

 

Wer war Josef Hagel?

Das Amt der ,,Fürstbischöflich-Münsterischen Vögte” lag lange Zeit in der Familie Winninghoff. Im Jahre 1785 übernahm Joan Hermann Hagel dieses Amt. Seine Familie war seit langem in Emsdetten ansässig. Ihr Stammbaum läßt sich hier bis um 1600 zurückverfolgen. Joan Hermann Hagel hatte acht Kinder. Sein zweitältester Sohn Joan Bernd Felix Hagel folgte seinem Vater 1804 in das Amt des Vogtes, das beide auch unter dem Herzog von Looz-Corswaren ausübten, jedoch nicht mehr während der Franzosenherrschaft, die einen ,,Maire” einsetzten. Joan Hermann Hagel war also Kirchspielvogt und “substituierter Führer”, so eine Art Bürgermeister. Seine Aufgaben waren vielgestaltig und schwierig. So wurde ihm z. B. für das Jahr 1798 von den Kirchspielsherren bei der Jahresabrechnung eine besondere Zulage von zehn Talern bewilligt “für seine außerordentliche Mühewaltung bei vorgewesenen Kriegsunruhen”. Ab der preußischen Zeit sind die Bürgermeister bekannt, von denen einer der herausragende, bekanntlich legendäre Bürgermeister Speckmann war, der sich für die Schützengesellschaften höheren Orts immer besonders eingesetzt hatte. Das siebte Kind von Joan Hermann Hagel und seiner Frau Anna Gertrud Ohde war Joan Bernd Joseph Hagel der im landläufigen Sinne als Gründer der Hagelisten-Schützengesellschaft gilt. Er ist am 21. Dezember 1781 zu Emsdetten geboren und starb dort am 16. Dezember 1867. Er hatte sieben Kinder. Zwei Generationen später ist diese Hagel-Linie im Mannesstamm ausgestorben. Die Angehörigen der Familie Untiedt, Lange Straße, sind durch Einheirat noch heute die direkten Nachfahren des Gründers der Hagelisten. Sie besitzen sogar noch die Geige, die Joan Bernd Joseph Hagel als Instrument benutzte. Die Geige befindet sich als Leihgabe im Emsdettener Heimatmuseum. Die in Emsdetten lebenden Angehörigen der verschiedenen Familien Hagel sind alle Nachfahren des Joan Bernd Felix Hagel, also eines Bruders des Gründers.

Joan Bernd Joseph Hagel war nach den alten, noch vorhandenen Urkunden der Familie Hagel von Beruf ,,Taxator und Musikus”. Daneben hat er sich wohl wie fast alle Dorfbürger in der häuslichen Landwirtschaft sowie in ,,Manufaktur und im Eisenkaufladen” seines Vaters und später seines Bruders betätigt.

 

 

 

 

Streit untereinander und mit der Obrigkeit

Neben dem Kirchspiels-Vogelschießen und dem Schießen der Dörfer-Männer gab es auch ein Schießen der Dörfergesellen. Das Kirchspiels-Vogelschießen hatte mit den Schnatgängen sein Ende genommen als jeder Schützenbruder selbst seine vergnügliche Zeche bezahlen mußte. Das Schießen der Dörfer-Männer war viel später entstanden, ging dann wieder ein und lebte hinterher für eine kurze Zeit wieder auf.

 

Einem Bericht des damaligen Bürgermeisters Speckmann von Emsdetten an den Herrn Landrat Coermann zu Borghorst kann man entnehmen, daß die Dörfergesellen (Düörper-Jungs) sich jährlich zum Schützenfest mit dem Vogelschießen und sonstigen Veranstaltungen zusammenfanden. Zu dem Fest, an dem sich fast sämtliche Junggesellen des Dorfes beteiligten, spielte der Musikus Franz Teupe allein auf. Hingegen wünschte eine Partei der Junggesellen, daß ein gewisser Josef Hagel aus dem hiesigen Dorf ebenfalls mitspielen sollte. Die Wahl zwischen diesen beiden damaligen Unterhaltern veranlaßte die Trennung des seit Jahren bestehenden Schützenvereines. Der Bericht des Bürgermeisters aus dem Jahre 1824 sollte zu dessen Trennungsurkunde werden. So  wurden die entzweiten Schützenbrüder Hagel und Teupe Namensgeber der Hagelisten- und Teupen-Schützengesellschaft und das Jahr 1824 Geburtsjahr beider Gesellschaften.

 

Jede Partei mit ihrem Musikus verlangte, so hart war der Streit, ein eigenes Schützenfest.

Bürgermeister Speckmann sandte einen Bericht mit Sorge am 18.06.1824 an den Landrat Coermann zu Borghorst.

Er schrieb:

 

“Emsdetten, den 18. Juni 1824

 

An den Herrn Landrat Coermann zu Borghorst.

 

Seit langen Jahren besteht hier im Dorfe eine Schützengesellschaft, welche jedes Jahr in der Mitte des Sommers nach einem Vogel schießt. Sämtliche Junggesellen des hiesigen Dorfes gehören zu dieser Gesellschaft. Vor einiger Zeit hat diese sich, welche sonst unter der Aufsicht des Königs auch auf Fastnachten sich gemeinschaftlich lustig machte, getrennt, und zwar, wie es scheint, aus Eigensinn. Die eine Partei wünscht, daß der Musikus Franz Teupe allein für die Junggesellen des Dorfes spiele, die anderen hingegen, daß ein gewisser Josef Hagel aus dem hiesigen Dorf ebenfalls mitspielen soll, womit die andere Partei, welche dem Teupe zugetan ist, nicht zufrieden ist, weil Teupe früher allein für die Junggesellen gespielt hat. Wenn dies nun auch der Fall ist, so scheint es mir doch nicht unbillig, daß Hagel mitspielt, weil der selbe ebenfalls von einem großen Teil der Junggesellen  zum Musikus gewählt ist und Teupe ohnehin einen anderen Musikus hinzunehmen muß. Durch früher gehabte Zwistigkeiten ist die Uneinigkeit zwischen Hagel und Teupe entstanden, welche nunmehr auf die Junggesellen, welche dem einen oder anderen Musikus zugetan sind, übergegangen ist, so daß wirklich zwei Parteien, sog. Teupisten und Hagelisten, entstanden sind. Die jungen Leute der beiden Parteien werden nunmehr sehr gegeneinander aufgebracht, daß sie, ohne zu zanken, fast nicht zusammen kommen und öfter Händel anfangen. Es ist sogar neulich zu einer Schlägerei gekommen, deren Täter bereits dem Land- und Stadtgericht zu Rheine zur Bestrafung angezeigt sind. Um Fastnachten dieses Jahres haben sich die Dörfergesellen um ein Wirtshaus, wo der Fastnachten abgehalten werden soll, gestritten, so daß es zu Tätlichkeiten gekommen, wenn ich nicht in die Mitte getreten wäre und durch meine Vorstellungen es dahin gebracht hätte, daß der Besitz des Wirtshauses für die eine oder andere Partei durchs Los entschieden würde; worauf der eine Musikus mit seinem Anhang dann ruhig abzog. Bleiben jedoch diese Zwistigkeiten unter den Junggesellen, so geben solche nach der Meinung zu beständigen Händeln Veranlassung und nimmt der Haß, den die jungen Leute schon jetzt hegen, auf die Dauer mehr zu als ab und ist der daraus entstehende Unfug nicht zu berechnen. Da nun die Musiker Teupe und Hagel bei jeder anderen Gelegenheit und vor einigen Tagen bei Gelegenheit einer Aushebung zusammen gespielt haben, so sehe ich nicht ein, warum dieselben sozusagen um Unfrieden zu stiften und Uneinigkeit und Streit zu fördern, bei einem allgemeinen Feste der Junggesellen nicht zusammen spielen können. Hagel ist hierzu nun wohl geneigt, Teupe will sich jedoch nicht dazu verstehen und die Junggesellen, welche mit Teupe halten, wollen ebenfalls den Hagel nicht zum Musikus haben. Ich sehe daher, weil alle Vorstellungen, welche ich den Musikanten, sowie den Junggesellen gemacht, nicht fruchten wollen, zum Voraus, daß künftig, wenn das Vogelschießen,  wie beabsichtigt wird, in zwei Parteien gehalten werden soll, solches nur zur Störung der polizeilichen Ordnung, sowie zu allerhand Zwistigkeiten Veranlassung gibt, alsdann zwei Junggesellen Könige, welche sich in den insignia des Königreichs nicht verstehen können. Jedes derselben will sein Recht, bei Prozessionen die Fahnenträger zu bestellen, wie dies bisher der Fall war, behaupten und so steht nicht ohne Grund zu befürchten, daß sogar bei kirchlichen Feierlichkeiten Veranlassung zu Streitigkeiten ja Schlägereien entstehen werden.

Um diesem vorzubeugen, halte ich es für angemessen, daß nur ein Vogelschießen stattfinden soll, und dürften, wenn sich die Musikanten nicht einigen können, fremde Musikanten herangezogen werden, womit die Parteien, weil dann keine ihren Willen erhält, doch zufrieden sein müssen. E.w. Wohlgeboren habe ich nicht verfehlen wollen, diese meine Ansicht zur geneigten höheren Entscheidung mitzuteilen, damit mich künftig nicht der Vorwurf treffen möge, ich hätte durch  zweckmäßige Vorkehrungen den sicher eintretenden Unordnungen. vorbeugen können. Ich bitte  daher, mir bald geneigtes bescheiden zu wollen, ob ich das Vogelschießen in zwei Parteien, wovon die eine Partei schon am künftigen  Donnerstag am Johannestag schießen will, zulassen darf, oder aber, ob ich das Vogelschießen der Junggesellen nur ein Mal, wie es bisher der Fall war, gestatten darf, und zwar erst dann, wie sie sämtlich nachweisen, daß obwaltende Schwierigkeiten gehoben, oder auf irgend eine Art beseitigt sind, oder sonst das Vogelschießen für dieses Jahr ganz kassieren muß. Durch letztere Maßregel dürften die jungen Brauseköpfe am ersten zu besänftigen und zur Aussöhnung zu bringen sein, die für die allgemeine Ruhe am wohltätigsten wirken würde.

 

Gez. Speckmann, Bürgermeister”.

 

Hierauf bekam der Bürgermeister Speckmann folgende Antwort:

 

“Da nach ihrem Berichte vom gestrigen Tage die Mitglieder der dortigen Schützengesellschaft sich nicht zu einigen wissen und diese Spaltung bereits Unordnungen und Streitigkeiten erregt hat, nicht minder fernerhin besorgen läßt, so wird die Lustbarkeit hierdurch bis dahin ganz untersagt, daß die Gesellschaft derartige Vorkehrungen getroffen und Ihnen nachgewiesen haben wird, welche der Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zusagen und nach Ihrem Ermessen dafür ausreichen.

Borghorst, 19. Juni 1824.

 

Der landrätliche Kommissarius: Coermann”.

 

Da nun in diesem Jahre kein Schützenfest stattfinden durfte, hatte der Bürgermeister am 11. Oktober desselben Jahres den Junggesellenkönig Becker zu sich gerufen und ihm eröffnet, daß nach obigem Reskript auch keine Fastnacht gefeiert werden dürfte, wenn sie nicht zusammen feierten. Eine Einigung kam nicht zustande, und so wurde auch nicht gefeiert.

 

Die erste Lustbarkeit war erst wieder am 29. Mai 1825 im Hause des Wirtes Hermann Kloppenborg. Hierbei kam es in der Nachbarschaft des Wirtes wieder zu einer bedeutenden Schlägerei.

 

Der Bürgermeister schrieb dem Landrat:

 

“Emsdetten, 13. Juni 1825

Wie Ew. Wohlgeboren aus meinem Berichte vom 18. Juni v. Jahres und aus der heute eingereichten Beschwerde wider den Musikanten Hagel bekannt, herrschen hier im Dorfe unter den Junggesellen wegen der Lustbarkeiten stets Uneinigkeiten, welche zu allerhand Exzessen und Streitigkeiten Veranlassung geben. Infolge dieser Uneinigkeiten fallen sonntäglich und, so oft die Junggesellen von den Parteien Hagel und Teupe zusammen kommen, allerhand Neckereien vor, infolge derer am v. M. bei der Behausung  des Wirtes Hermann Kloppenborg der aus Greven gebürtige und hier wohnhafte Brennerknecht Stapelkemper bedeutend mißhandelt ist. Dieser Stapelkemper, welcher sich zur Partei des Teupe gehalten, wurde von mehreren Junggesellen der Partei Hagel aus der Wirtschaft Kloppenborg gedrängt, auf die Erde geworfen und derart gestoßen und mißhandelt, daß sein ganzes Gesicht entstellt, das rechte Auge ganz aufgeschwollen war. Unter dem Auge war eine tiefe Narbe, woraus  Blut gequollen, und auf dem Körper selbst des Stapelkemper bedeutende Anschwellungen, so daß er delirirte und bereits mit den Sterbesakramenten versehen worden ist. Die Untersuchungs- verhandlungen über diese Schlägerei, woraus deutlich hervorgeht, daß dieselbe dem Streite mit den Musikanten ihr Entstehen zu verdanken hat, habe ich am 5. Ds. Mts. dem Land- und Stadtgericht zu Rheine zur Ausmittelung und Bestrafung der Täter übergeben. Die Untersuchung dürfte jedoch sehr weitläufig werden, bis die Täter, wovon erst einer ermittelt, welcher sich bei der Schlägerei sehr ausgezeichnet, zur Bestrafung gezogen werden. Damit indessen die sämtlichen Junggesellen wegen ihres ungebührlichen Benehmens etwas büßen, so beantrage ich, da ich voraussehe, daß wegen des bevorstehenden Vogelschießens lauter Schlägerei und Unordnung zu befürchten ist, die ich wegen Mangel eines mannfesten Polizeidieners mit Gewalt, wenn sie einmal ausgebrochen, nicht zu steuern vermag, darauf an, daß die Jungens während eines halben Jahres keine Tanzmusik haben dürfen. Dies ist auch nach der Meinung der ersten hiesigen Eingesessenen das beste Mittel, dem Unfug möglichst Einhalt zu tun, und bitte ich gehorsamst um Erlaß einer desfalsigen Verfügung, damit der Besuch der hiesigen Kirmes und des Jahrmarkts am 25. und 26. September nicht geschwächt werde, wodurch die Wirte sehr leiden würden, da an diesen Tagen viele Fremde, um zu tanzen, nach hier kommen; so will ich es E.w. Wohlgeboren Ermessen gehorsamst anheimgeben, ob an diesen Tagen ausnahmsweise getanzt werden dürfe, wo ich dann Gendarmen zur Handhabung der Ordnung requirieren werde.

 

Der Bürgermeister, Speckmann”.

 

Als Antwort auf dieses Schreiben verfügt der Landrat, daß unter Umständen während eines halben Jahres für die Junggesellen eine Tanzlustbarkeit stattfinden darf. Zur Kirmes und Markt erlaubt derselbe, um den Wirten wegen der vielen Fremden die Nahrung nicht zu entziehen, daß an beiden Tagen getanzt werden darf. Zugleich macht er auf die Paragraphen des allgemeinen Landesrechtes aufmerksam, und daß diese beachtet werden sollen. Es sind die §§ 181-183 und 186-190, welche sich auf  die öffentliche Ruhe und Sicherheit auf der Straße und in den Wirtschaften beziehen. U.a. heißt es im § 183: Mutwilligen Buben, welche auf der Straße oder sonst Unruhe erregen oder grobe Unsittlichkeiten verüben, sollen mit verhältnismäßigen Gefängnis-, körperlicher Züchtigung oder Zuchthausstrafe belegt werden”.

 

Auf diese Verfügung des Landrats folgte ein Bericht des Bürgermeisters ohne Datum, worin er mitteilt, daß er obige Verfügung in der Kirche habe bekannt machen lassen und wagt dann ,,ganz gehorsamst” anzufragen, ob jetzt den Junggesellen wieder die Erlaubnis zu tanzen erteilt werden darf oder nicht.

 

“Die Hagelisten hätten sich im letzten halben Jahre ordentlicher betragen als die Teupen, welche widerspenstiger gewesen seien. Sollte aber zu Fastnacht keine Erlaubnis gegeben werden, so müßte zur Aufrechterhaltung der Ordnung ein Gendarm requiriert werden, denn sonst seien Schlägereien zu befürchten, da einige Jungens sich geäußert hätten, sie wollten tanzen, wenn sie auch später Zuchthausstrafe zu erleiden hätten. Ebenso solle der Junggeselle Kock sich geäußert haben, er wundere sich, daß der Bürgermeister die den Junggesellen angedrohte Strafe von fünf Talern nicht eingezogen habe, da er diese zu seinem Hausbau wohl gebrauchen könne. ,,Ebenso ist ein gewisser Bernd Tink bei seiner Vernehmung mir gegenüber grob geworden ,und habe ich denselben ein paar Stunden im Polizeiarrest zubringen lassen, was für seinen, auf der Straße betriebenen Unfug nicht zuviel war. Jetzt wolle er mich verklagen, äußerte er sich überall. Wie sehr solche Äußerungen von ungezogenen Jungens das Gefühl empören, ist nicht zu begreifen. Ich muß darauf beantragen, daß die im anliegenden Protokolle namhaft gemachten Junggesellen wegen ihres respecktwidrigen Benehmens einer angemessenen Polizeistrafe belegt werden.

 

Der Bürgermeister Speckmann”.

 

Die Antwort des Landrats kam am 1. Februar und lautete wie folgt:

 

“Ich will Sie auf den Bericht vom 16. d. M. ermächtigen, den Junggesellen auf Fastnacht die gewohnte Tanzlustbarkeit zu erlauben, wobei Ruhe und Ordnung auf derselben strenge zu empfehlen ist. Sehr gut würde es sein, wenn ein Ausschuß verläßlicher Mitglieder besonders verpflichtet würde, sich für die Aufrechterhaltung der Ordnung zu verbürgen. Diejenigen, welche bei früheren Anordnungen sich widerspenstig gezeigt haben, werde ich persönliche Zurechtweisung erteilen, zu welchem Ende Sie dieselben, auf den 4. Februar vormittags 9 Uhr zu mir bescheiden wollen.

 

Borghorst, den 31. Januar 1826.

 

Der Landrat”.

 

Am 3. Februar antwortete Bürgermeister  Speckmann folgendermaßen:

 

“In Gemäßheit des bezogenen, sehr verehrlichen Reskripts habe ich die in den Verhandlungen vom 12. praet. benannten Junggesellen auf morgen zu Ew. Wohlgeboren beschieden. Es werden jedoch nicht erscheinen der Schustergeselle Theodor Zumbusch, da der wie ich mich überzeugt habe, eine schlimme Brust hat, so daß er den Weg nach Borghorst nicht machen kann, ferner der Webergeselle Gerhard Wermers, welcher nachgewiesen, daß er am 18. Juli praet. den blauen Montag nicht mitgemacht hat, so daß ich mich in der Person desselben geirrt haben kann. Der Schmied Th. Schwarte behauptet ebenfalls, an der Gesellschaft vom 18. 07. nicht teilgenommen zu haben; denselben habe ich indessen an der Behausung des Wirtes Horstmann ganz bestimmt in Gesellschaft der übrigen Junggesellen gesehen, womit er Branntwein trank. Ob derselbe den Umzug auch mitgemacht hat, kann ich nicht bestimmt sagen. Die Vermutung ist gegen ihn. Ew. Wohlgeboren bitte ich gehorsamst, die Junggesellen, welche sich nun schon geschmeidig stellen, mit ihren Ausflüchten, die sie sich erdenken werden, nicht lange anzuhören, sondern eine derbe Zurechtweisung zu geben, so sie sich dann zu Protokoll verpflichten müssen, eine von Ihnen zu bestimmende Ordnungsstrafe an die Gemeindekasse zu zahlen, denn ohne diese würden die Junggesellen, bei denen die besten Zurechtweisungen nichts fruchten, ihre Zurechtweisung bald vergessen haben. Ew. Wohlgeboren bitte ich dann gehorsamst, den Junggesellen einzureden, entweder jetzt Fastnacht oder doch das Vogelschießen gemeinschaftlich zu halten, wie Sie solches nach Ihrem höheren Ermessen für zweckmäßig finden und worüber ich geneigt Entscheidung bitte.

 

Der Bürgermeister: Speckmann”.

 

Am 4. Februar kam folgender Bescheid:

 

“Die Junggesellen, welche den Exzessen vom 18. Juli v. J. beigewohnt und sich heute hier stellten, sind angewiesen, sich bei Ihnen ihres Betragens halber zu excusieren und habe ich ihnen unter dieser Bedingung die Strafe diesmal, da doch das Faktum veraltet und nicht gehörig konstatiert ist, noch werden kann, nachgelassen. Die Gesellen haben von mir die Erlaubnis zum Tanzen in zwei verschiedenen Häusern unter der Bedingung zu Fastnacht erhalten, daß sich zwei von jeder Partei zu Protokoll erklären, darauf gehörig sehen zu wollen, daß keine Streitigkeiten vorfallen, diese müssen denn auch darauf wachen, daß denselben vorgebeugt und die etwa nicht zu verhindernden gehörig konstatiert werden. Die fernere Erlaubnis zu tanzen ist vom jetzigen Betragen abhängig gemacht und wird Ihrem ferneren Ermessen überlassen.

 

Borghorst, 4. Februar 1826.

 

Coermann, Landrat”.

 

Daraufhin wurden von beiden Parteien zwei bzw. drei Junggesellen zu Protokoll verpflichtet, für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Seitens der Junggesellen, welche bei Horstmann tanzen wollten, verbürgten sich:

Gerhard Kock, Josef Wegmann, Wilhelm Krone.

 

Seitens derjenigen, welche bei Hermann Kloppenborg tanzen wollten:

 

Josef Becker, Hermann Peters.

 

Erwähnt sei, daß  Wilhelm Krone nicht des Schreibens kundig war und seine Unterschrift mit drei Kreuzen vollzog.

 

Dieser Ball scheint stattgefunden zu haben und ist auch sicherlich ruhig verlaufen, da man in den Akten darüber nichts vorfindet.

Im folgenden Jahre, am 12. Juli, reichten drei Mann von jeder Partei der Junggesellen beim Bürgermeister neue Statuten ein, um wieder ein Schützenfest zu feiern. Ob es stattgefunden hat, ist aus den Aufzeichnungen nicht zu ersehen, doch es ist anzunehmen. Die Statuten sind unterschrieben von:

 

Bernhard Wefers, Gerhard Jürgens, Anton Kock, Gerhard-Hermann Pöhling, Wilhelm Smale (er hat ebenfalls mit drei Kreuzen unterzeichnet), Gerhard Meiners.

 

Die Paragraphen lauten:

 

§ 1. Es soll nur einmal nach dem Vogel geschossen werden, und zwar für die sämtlichen Dörferjunggesellen, ohne ferneren Zwist und Parteisucht und daß einer glaubt mehr Vorrecht als der andere zu haben. Auch gehen sämtliche Junggesellen des andern Tages gemeinschaftlich um das Dorf spielen.

 

§ 2. Der Vogel, welcher durch B. Wefers bestellt, sowie auch der Königshut  sollen gemeinschaftlich bezahlt  werden, auch der Vogel in Gemeinschaft zur Ruthe gebracht werden.

§ 3. Der König B. Wefers wird mit der Gesellschaft durch die Junggesellen von Teupes Partei, welche die Fahne holt, aus dem Hause des Wirts Stroetmann abgeholt und wird, nachdem der Bürgermeister abgeholt, zur Ruthe gespielt.

 

§ 4. Wer alsdann König wird, erhält die Fahne und muß solche aufbewahren. Wird ein Junggeselle von der Partei des Teupe König, so trägt Bernd Wefers das Fandal, und umgekehrt, wird einer von der Partei des Hagel König, so trägt Gerh. Kock oder ein anderer Junggeselle das Fandal.

 

§ 5. Bei der einen Partei muß der König, bei der anderen der Fähnrich sein und muß die Gesellschaft, welche die Fahne hat, die Gesellschaft, wo der König ist, beim Herumspielen um das Dorf abholen, aus dem Wirtshause wo er sich befindet.

 

§  6. Um alles Unglück zu vermeiden, so unter der Ruthe entstehen kann, sollen nach der Zahl der Teilnehmer Nummern gemacht, welche verschlossen und so von den Junggesellen ausgezogen werden, wonach sich die Reihenordnung des Schießens richten muß.

 

§ 7. Kein anderer als ein angesehener Dörferjunggeselle darf den Vogel herunter schießen, da bei auswärtigen Knechten zu oft ein Wechsel eintritt. Schießt mithin ein Auswärtiger den Vogel ab, so muß ein anderer aufgepflanzt werden, da die Sache eigentlich bloß eingesessene Dörfer Junggesellen betrifft.

 

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.

 

Die Unterschriften sind die vorgenannten sowie die des Bürgermeisters Speckmann.

 

Also feierten im Jahre 1827 die Teupianer und die Hagelisten ein gemeinsames Schützenfest, ohne ihre schon einige Jahre bestehende Selbständigkeit aufzugeben. Über den Verlauf des Festes läßt sich nichts mehr feststellen.

Offensichtlich hat man auch die folgenden Jahre nach diesem Modus gefeiert. In den Akten ist nichts zu finden, somit scheinen die Feste ohne Störung verlaufen zu sein.

Erst über das Schützenfest des Jahres 1834 heißt es in den Akten, daß es wieder zu Ruhestörungen und Schlägereien gekommen sei, wobei auch der Polizeidiener Berthold schwer mißhandelt worden sei.

Diese Streitigkeit  wurde vom Landrat an die königliche Regierung gemeldet. Die Antwort, die über das Landratsamt dem Bürgermeister von Emsdetten übermittelt wurde, hat folgenden Wortlaut:

 

“An den Herrn Landrat in Borghorst.

 

Auf den Bericht vom 17.09. über die bei dem Vogelschießen zu Emsdetten vorgefallenen Streitigkeiten und Unordnungen betreffend eröffnen wir Ihnen, wie es zwar angemessen erscheint, daß gegen die Ruhestörer die gerichtliche Untersuchung eingeleitet ist, aber auch ein polizeiliches Einschreiten zur Verhütung ähnlicher Unordnungen durchaus notwendig ist und wir uns in dieser Beziehung veranlaßt finden, das Vogelschießen der Junggesellen zu Emsdetten für die nächsten Jahre gänzlich zu untersagen, da die stattgehabten Unordnungen deutlich zeigen, daß in der Gesellschaft der notwendige Sinn für Ruhe und Ordnung nicht herrscht. Erst nach Verlauf mehrerer Jahre werden wir den Umständen nach diese Lustbarkeit auf besonderes Ansuchen wieder gestatten. Sie haben dies durch den Bürgermeister bekannt machen zu lassen und mit Strenge darauf zu achten, daß diese Anordnung befolgt wird.

Das übrigens der Polizeidiener bei Ausübung seines Dienstes im Kittel und nicht in seiner Dienstkleidung aufgetreten, war ganz unpassend und haben Sie denselben darauf aufmerksam machen zu lassen.

Das Resultat der eingeleiteten Untersuchung, namentlich auch in Bezug auf die Personen, welche den Polizeidiener mißhandelt haben, ist seinerzeit anzuzeigen.

Münster, den 18.10.1834.

 

Königliche Regierung, Abteilung des Innern

gez. Vuhlkampf”.

 

Dieses Schriftstück wurde am 27.10.1834 den Bürgermeister weitergeleitet:

Am 31.10.1834 berichtet der Bürgermeister dem Landrat:

 

“Gesehen und wird der Inhalt befolgt werden, übrigens bemerke ich noch gehorsamst, daß der Polizeidiener keine Dienstkleidung besitzt, halte indessen für billig, daß ihm solche bei seinem geringen Einkommen aus der Gemeindekasse angeschafft werde, welches Ew. Wohlgeboren geneigtes höheren Ortes auswirken wollen, damit der Mann. ein dienstmäßiges Aussehen erhält.

 Der Bürgermeister, Speckmann”.

 

Aus dem Schriftstück der Regierung kann man entnehmen, daß die Gesellschaften nur ein Vogelschießen hatten, darauf  deutet folgender Satz hin: “ daß in der Gesellschaft der notwendige Sinn für Ruhe und Ordnung nicht herrscht”.

 

Die Störenfriede kamen vor Gericht, und es wurde laut Beschluß des Königlichen  Kriminalsenats beim Königlichen Oberlandesgericht zu Münster für Rechtens erkannt:

“daß der Mönnich (Miunk) wegen tätlicher Wiedersetzlichkeit gegen den Polizeidiener Berthold mit 2-monatlicher Zuchthausstrafe ordentlich zu bestrafen, die Inculpaten Möllmann, Schwarte, Möllers und Wermers von der Anschuldigung, in der Nacht vorn 13.-14. Juli das Wachthaus zu Emsdetten in böswilliger Weise beschädigt zu haben, ersteren vorläufig, die drei letzteren völlig frei zu sprechen und die Kosten den Inculpaten Mönnich und Möllmann pro rato eventualiter in Solidum  zur Last zu legen”.

Mönnich hatte seine Strafe am 24. Juni 1835 angetreten. Somit hatte die Tat ihre Sühne gefunden. Aber die ganzen Dörfergesellen litten darunter, da das Schützenfest für mehrere Jahre verboten wurde. Dies bemerkt auch der Bürgermeister in einem Schreiben an den Landrat, wo es u. a. heißt: “daß die Junggesellen sowie auch die Dorfmänner sich durch das Verbot der Hohen Regierung höchst beleidigt halten, indem dadurch der Unschuldige mit dem Schuldigen bestraft würde”. 1835 reichten die Wirte G, Kloppenborg und H. Bölefahr an die Königl. Regierung in Münster ein Gesuch mit der Bitte, in diesem Jahre wieder ein Schützenfest abhalten zu dürfen. Dieses wurde nicht genehmigt, wie aus folgendem Schreiben der Regierung hervorgeht:

 

“Bemerken an den Herrn Landrat zu Borghorst, den Bittstellern zu eröffnen, daß es bei dem Verbote des Schützenfestes zu Emsdetten aus den in der Verfügung vom 18. 10. v. J. angegebenen Gründen unabänderlich bewenden mußte und die Erlaubnis, ein solches zu halten, den dortigen Junggesellen erst dann wieder erteilt werden könnte, wenn man im Laufe der Zeit von ihrer gesetzlichen und einträchtlichen Gesinnung Überzeugung gewonnen haben würde, wofür die Fassung der vorliegenden Bittschrift durchaus keinen Beweis liefere. Dabei ist den Bittstellern zu erkennen zu geben, daß ihnen das Verbot zeitig genug bekannt gemacht worden wäre, um die im vorigen Jahre etwa verabredeten Vorbereitungen zu einem diesjährigen Vogelschießen unausgeführt zu lassen, und sie daher jeden Schaden sich selbst zuzuschreiben hätten, der ihnen aus allen gegen das ausdrückliche Verbot gemachten Anordnungen zum Vogelschießen etwa erwachsen könnte. Daß solches geschehen, ist bei Zurückweisung dieses Deskrets anzuzeigen. Übrigens werden an den Tagen, wo das Junggesellen-Schützenfest zu Emsdetten gewöhnlich abgehalten zu werden pflegte, um der Erneuerung von Exzessen vorzubeugen, dort die notwendigen polizeilichen Vorkehrungen zu treffen und es deshalb zweckmäßig sein, den Wortführern der Junggesellen zu bedeuten, daß bei jedem Auflehnen gegen das Verbot, sie der Hoffnung auf künftige Gestattung gänzlich beraubt würden.

 

Münster, den 10. Juli 1835.

 

 

Königl. Regierung, Abteilung des Innern

gez. Vuhlkampf”.

 

Auf dieses noch besonders vom Landrat mit Bemerkungen versehene Schreiben antwortete der Bürgermeister: “Daß er die Wortführer zu Protokoll verpflichtet habe. Somit sei der Schützenfesttag ohne Exzesse vorübergegangen”.

 

Anscheinend hatte man das Verbot in Emsdetten nicht ernst genommen und in aller Ruhe die Vorbereitungen zum Schützenfest getroffen. Die Regierung nahm es um so genauer. Denn man hatte für den Tag einen Gendarmen nach Emsdetten beordert. Wie gesagt, an dem Tage blieb es ruhig. Es war aber die sogenannte Ruhe vor dem Sturm. Die Junggesellen hatten etwas ausgeheckt, wie aus folgendem Aktenstück ersichtlich ist. Es ist eine Beschwerde des Landrats von Steinfurt an den Landrat in Münster, dem Grafen v. Schmising. Sie lautet:

 

“Da im vorigen Jahre bei dem Vogelschießen zu Emsdetten Streitigkeiten und Unordnungen vorgefallen sind, so hat eine Hochl. Regierung es nicht allein angemessen befunden, daß gegen die Ruhestörer die gerichtliche Untersuchung eingeleitet werde, sondern auch ein polizeiliches Einschreiten zur Verhütung ähnlicher Unordnungen für notwendig erachtet und daher das Vogelschießen der Junggesellen zu Emsdetten zugleich mit den Beifügungen untersagt, daß erst nach Verlauf mehrerer Jahre den Umständen nach diese Lustbarkeit auf besonderes Ansuchen wieder gestattet werden solle. Nach dem beigefügten Berichte des Bürgermeisters zu Emsdetten vom  13. d. M. beabsichtigen nun die gedachten Junggesellen am nächsten Sonntage mit Musik nach Saerbeck zu ziehen und dort 2 Tage Tanzbelustigung zu halten, wozu der Bürgermeister Schore die Erlaubnis erteilt haben soll. Da dies Benehmen der Junggesellen allerdings außer den Schranken der Ordnung liegt, auch auf solche Weise die Anordnung der Hochl. Regierung umgangen und das Ansehen der Behörden leiden würde, so ersuche ich Ew. Hochgeboren dringend, die Abhaltung der Tanzbelustigung zu Saerbeck gefälligst zu untersagen, und mich von dem Geschehenen baldmöglichst  benachrichtigen zu wollen.

Borghorst, den 14. Juli 1835.

Der Landrat: Coermann”.

 

Also wollten die Emsdettener Junggesellen in Saerbeck ihr Schützenfest feiern und hatten alles dazu vorbereitet.

Gleichzeitig mit der Abschrift dieses Schriftstückes informierte der Landrat den Bürgermeister von Emsdetten auch über das Schreiben, das er dem Gendarmen Zittlow in Rheine gesandt hatte, welches lautet:

 

“Sie wollen sich nächsten Sonntag, den 19. d. M., morgens früh nach Emsdetten begeben und bei dem Bürgermeister Speckmann, der Sie mit weiteren Instruktionen versehen wird, melden”.

 

Auf demselben Schriftstück steht auch die Antwort vom Bürgermeister; sie lautet:

 

“Gesehen und danke ich Ew. Wohlgeb. gehorsamst für die getroffenen Maßregeln, wodurch der Zug der Junggesellen nach Saerbeck unterblieben ist.

 

Emsdetten, den 20. Juli 1835.

Der Bürgermeister Speckmann”.

 

Daraus ist ersichtlich, daß der Zug unterblieb, zum einen infolge des vom Landrat in Münster an den Bürgermeister in Saerbeck ergangenen Verbotes, zum zweiten aber auch durch die Vorkehrungen, die gegen das Fest vom Kreis und auch von Emsdetten selbst getroffen wurden.

Schließlich wird auch die nachfolgende Publikation, die von der Kanzel in der Kirche verlesen wurde, sehr dazu beigetragen haben, daß der Zug nach Saerbeck unterblieb. Das Schriftstück, das sich bei den Akten befindet, hat folgenden Wortlaut:

 

“Publikandum zu Emsdetten.

Die Königliche hochlöbliche Regierung hat sich hinsichtlich der bei dem vorjährigen Vogelschießen der Dörfer Junggesellen vorgefallenen Unordnungen aus eigener Bewegung veranlaßt gesehen, das Vogelschießen der Junggesellen nicht nur für dieses eine Jahr, sondern auch für die nächsten Jahre gänzlich zu untersagen, da die stattgehabten Unordnungen deutlich zeigen, daß der Gesellschaft der notwendige Sinn für Ruhe und Ordnung fehlt. Erst nach Verlauf mehrerer Jahre wird die hochlöbliche Regierung den Umständen nach diese Lustbarkeit auf besonderes Ersuchen wieder gestatten.

Ich warne (ermahne) daher die Junggesellen des Dorfes, ihr Vorhaben, nach dem Vogel zu schießen, aufzugeben und sich nicht als Ruhestörer und Rebellen gegen die Anordnungen der Königlichen Regierung zu benehmen, widrigenfalls sie zu erwarten haben, daß gegen sie eine Kriminaluntersuchung eingeleitet und jeder Teilnehmer des Vogelschießens in 25 - 50 Taler Strafe genommen werden soll, auch wird dann die Tanzmusik im Dorfe sicher auf mehrere Jahre verboten werden. Auch muß ich die Eltern ermahnen, ihre Söhne eines besseren zu belehren, da sie für die strafbaren Handlungen derselben mit verantwortlich sind und würde es mir für die guten, besser denkenden Eingesessenen leid tun wenn die Königliche Regierung sich veranlaßt finden müßte, durch militärische Exekution die Ruhe hier zu erhalten, wodurch die hiesige Gemeinde einen schlechten Namen erhalten würde.

Emsdetten, den 18. Juli 1835.

Der Bürgermeister: Speckmann”.

 

Daß die Verlesung stattgefunden hat, wird vom Pfarrer Küngens am Rande bescheinigt. Manche Leser werden sich fragen, was die Kirche damit zu tun hatte. Dem ist zu entgegnen, daß zu damaliger Zeit sämtliche amtlichen und außeramtlichen Bekanntmachungen (Holz- und Grasverkäufe usw.) von der Kanzel verlesen wurden. Auch die Einladungen zu den Schützenfesten ergingen von der Kanzel aus.

Am Tage vor dem geplanten Schützenfest lud der Bürgermeister den Vorstand der Junggesellen auf das Amt. Das Protokoll darüber lautet:

 

“Emsdetten, den 20. Juli 1835.

Gegenwärtig:

    • Weber Franz Hilbers, 
    • Weber Berndt Lücke,
    • Weber Herm. Liescher,
    • Weber Bernd Hörsting,
    • Weber Herm. Teupe,
    • Wannenmacher B. Beike,
    • Wannenmacher Wilm Schmale.
    • Vor dem unterzeichneten Bürgermeister erschienen der Vorladung gemäß die vorstehenden Gesellen des Dorfes Emsdetten; denselben wurde der Inhalt des Regierungs-Rescripts vom 10. Juli cr. betreffend das Verbot des Schützenfestes bekanntgemacht und denselben bedeutet, daß jedes Auflehnen gegen das Verbot sie der 1 Hoffnung auf künftige Gestattung gänzlich berauben würde, weshalb sie ermahnt wurden, sich ruhig zu verhalten und nicht sich auf öffentlichen Straßen herum- zutreiben.
    • vorgelesen, genehmigt und unterschrieben”.

       

Die beiden Wannenmacher B. Beike und Wilm Schmale waren des Schreibens unkundig; sie machten daher die bekannten drei Kreuze.

Die Regierung scheint aber auch im folgenden Jahr mit den Dörfergesellen noch nicht zufrieden gewesen zu sein, denn auf ein Gesuch des Junggesellen Franz Hilbers (Hilbers war der letzte König) und Genossen an die Königliche Regierung in Münster traf folgender Bescheid ein:

“Die mittels Eingabe vom 1. Juli nachgesuchte Erlaubnis zur Abhaltung eines Schützenfestes kann aus bewegenden Gründen für dieses Jahr noch nicht erteilt werden.

 

Münster, den 7. Juli 1836.

Königliche Regierung, Abt. des Innern

gez. Viznan”.

 

Somit verlief auch das Jahr 1836 ohne ein Vogelschießen. Anscheinend hatten sich die Hitzköpfe nunmehr beruhigt und eingesehen, daß ohne Ruhe und Ordnung kein Schützenfest wieder stattfände. So macht sich denn der Bürgermeister zum Fürsprecher der Dörfergesellen, wie  folgendes Schreiben zeigt:

 

“Emsdetten, den 28. Juni 1837.

An den Herrn Landrat Coermann

Wohlgeboren, Borghorst.

Mittels Regierungs-Rescript vom 18. 9. 1834 ist den hiesigen Dörferjunggesellen das Halten eines Vogelschießens auf mehrere Jahre untersagt. Die Junggesellen haben mir die beigelegte an hochl. Regierung gerichtete Vorstellung mit der Bitte eingereicht, ihr Gesuch zu unterstützen, damit sie am 16. Juli das Volksfest in gewohnter Weise wieder begehen dürfen. Da nun die Dörfergesellen sich seit längerer Zeit recht ordentlich betragen haben und es nicht zu erwarten steht, daß ähnliche Unordnungen wie im Jahre 1834 wiederkehren werden, auch das Halten eines Schützenfestes von allen Dorfeingesessenen gewünscht wird, so erlaube ich mir, Ew. Wohlgeb. gehorsamst zu bitten, bei Hochl. Regierung die hierfür erforderliche Erlaubnis geeigtest auswirken zu wollen.

 

Der Bürgermeister: Speckmann”.

 

Leider ist das Schreiben der Dörfergesellen nicht mehr aufzufinden. Auf diesen Antrag erhielt der Landrat von der Regierung in Münster folgenden Bescheid:

 

“An den Herrn Landrat Coermann

Wohlgeboren, zu Borghorst.

 

In der Voraussetzung, daß die Junggesellen zu Emsdetten ihrem in der Vorstellung vom 1. Juli d. J. gegebenen Versprechen gemäß selbst darauf halten werden, daß bei dem Vogelschießen daselbst die größte Ruhe und Ordnung herrscht, wollen wir auf Ihren Antrag genehmigen, daß am 16. d. M. das Vogelschießen daselbst  stattfindet. Ew. Wohlgeboren wollen die erforderliche polizeiliche Aufsicht anordnen und uns Anzeige erstatten, falls die Bittsteller sich die mindeste Unordnung zuschulden kommen lassen sollten.

 

Münster, den 6. Juli 1837.

 

Königliche Regierung; Abt. des Innern.

 

gez. Rüdiger”.

 

Dem Schreiben war folgender Nachsatz vom Landrat in Borghorst hinzugefügt:

 

“Bericht mit Schreiben an den Herrn Bürgermeister Speckmann in Emsdetten zur Kenntnisnahme und Bescheidung der Bittsteller. Sie haben die erforderliche polizeiliche Aufsicht anzuordnen und, falls die mindeste Unordnung wieder vorfallen sollte, darüber sofort Untersuchung anzustellen und zu berichten.

 

Borghorst, den 10. Juli 1837.

 

Der Landrat: gez. Coermann”.

 

Das Schriftstück trägt die Bemerkung:

 

“Gesehen und wird der Inhalt befolgt werden.

 

Emsdetten, den 14. Juli 1837.

 

Der Bürgermeister: Speckmann”.

 

Das Schützenfest ist gefeiert worden und in bester Harmonie verlaufen unter Anteilnahme der ganzen Bevölkerung, die mehrere Jahre ihr Jahrhunderte altes, schönes Volksfest wegen der ruchlosen Unbesonnenheit einiger weniger Heißsporne vermißt hatten.

 

Sicher sind nach dieser Zeit die Volksfeste wieder gut verlaufen, wie es ja auch vorher der Fall war. In den Akten sind diese aber nicht verzeichnet, sondern nur solche, an denen bei der Polizei Anzeigen einliefen. Die Streitigkeiten zwischen den Parteien Hagel und Teupe nahmen ab, wenn auch die Neckereien fortgesetzt wurden. Anscheinend hatte das Verbot der Schützenfeste bewirkt, daß man sich zusammennahm, was nicht nur zum Wohle der Teilnehmer, sondern zum Wohle der ganzen Gemeinde beitrug. Sonstige Tanzlustbarkeiten fanden zwar in der Verbotszeit statt, wurden aber auch eingeschränkt. Besonders unbeliebt war bei den Junggesellen die Festsetzung der Polizeistunde auf 23 Uhr. Laut Publikandum in der Kirche vom 3. Januar 1835 wurde es den Einwohnern bei einer angekündigten Strafe von ein bis fünf Taler ans Herz gelegt, pünktlich um 23 Uhr mit dem Tanzen aufzuhören. Daß dieses nicht geschah, zeigen viele Anzeigen und Klagen der Polizei darüber: “daß man sich durch das Verbot nicht stören lasse und ruhig weitertanze” und “die Wirte seien mit den Junggesellen im Bunde”.

Am 24. August 1835 zeigte der Polizeidiener Berthold an, daß am vorhergehenden Tage nach 23 Uhr bei Bölefahr noch getanzt worden sei. Er habe der Musik befohlen aufzuhören, aber der Wannenmacher Beike und der Weber Hagel hätten erklärt, daß sie sich das Beenden der Musik nicht gefallen ließen, und daß sie so lange tanzen wollten, wie es ihnen gefiele; weder der Bürgermeister noch der Polizeidiener hätten etwas zu befehlen. Die Wannenmacher Lanvers und Tecklenborg sowie der Weber Sandmann hätten dieselbe Erklärung abgegeben. Auch die anderen anwesenden Junggesellen hätten ihnen zugestimmt. So habe auch das ganze Gelaog gehandelt und nicht  zugelassen, daß er der Musik das Spielen verbieten konnte. Besonders hervorgetan hätte sich der Wannenmacher Beike, der ihm gesagt hätte, er solle sich aus dem Zimmer scheren, er habe da nichts zu suchen. Zugleich hätten ihn wohl 20 bis 30 Junggesellen umringt, so daß er, um sich nicht Stößen und Schlägen auszusetzen, die Küche des Wirtes aufsuchen mußte. Man hätte dann bis um 2 Uhr die Tanzlustbarkeit fortgesetzt. Soweit das Wesentliche aus der Anzeige des Polizeidieners Berthold. Am 24. August wurde der Wirt Bölefahr auf das Amt geladen. Er erklärte, daß er wie auch der Polizeidiener den Dörfergesellen oft genug gesagt hätten, sie sollten um 23 Uhr aufhören zu tanzen. Diese hätten aber erklärt, sie feierten den Scheibenball und könnten tanzen, so lange sie wollten. Auch die Gesellen der Dorfbauerschaft hätten länger getanzt als 23 Uhr, ohne daß diese bestraft worden wären. Er habe ihnen darauf gesagt, daß er ihretwegen nicht gerne Unannehmlichkeiten hätte. Sie drohten ihm daraufhin, wenn er nicht weiter ausschenkte, kämen sie ihm niemals wieder in sein Haus. Daß der Polizeidiener gestoßen worden sei, habe er nicht bemerkt, wohl aber gesehen, wie der Polizeidiener ins Zimmer gestürzt kam und nach Zeugen gerufen hätte. Aber keiner hätte sich gemeldet, denn die Jungs hielten doch alle  zusammen. Auch hätte es doch nichts zu sagen, daß man nach 23 Uhr noch tanze, wenn alles ruhig zuginge. Ihm wurde vorgehalten, daß dieses eine Regierungsverfügung sei, die jeder achten müsse.

Beike gab an, er sei am fraglichen Abend vom Weidenschnitt gekommen und habe nur ein Glas Schnaps trinken wollen. Daß er bei Bölefahr war, leugne er nicht. Als nun Beike das Protokoll    Unterzeichnen sollte, verweigerte er dieses.

Am 25. August mußte der König Franz Hilbers antreten. Sein Alter wird mit 27 Jahren angegeben. Aus dem Protokoll ist zu entnehmen: Er wisse selbst nicht, wie es dazu gekommen sei, die Junggesellen hätten gesagt, sie wollten durchtanzen ohne vorherige Absprache. Auf Befragen erklärte er, daß es das ganze Gelaog der “Teupianer” gewesen sei, auch einige Gesellen von der Partei ,,Hagel” seien dabeigewesen. Von letzteren gab er die Namen preis. Von den Teupianern nannte er keinen. Es wurde ihm gesagt, daß sich die ganze Gesellschaft straffällig gemacht habe und ob er diese immerhin hohe Strafe auf sich nehmen wolle. Darauf erklärte er, das könne und tue er nicht. Nach weiterem Befragen, welche Gesellen dabeigewesen seien, erklärte er nochmals, daß es die ganzen Teupianer waren mit Ausnahme von einigen, die verhindert gewesen seien und deren Namen er angibt. Bezüglich der anderen wolle er erst mit diesen Rücksprache nehmen und wenn diese damit einverstanden wären, die Liste einreichen. Auch Hilbers verweigerte das Protokoll zu unterzeichnen.

Der nächste, der vernommen wurde, ist B. Hagel, also Hagelist. Er sagte aus, daß er ,,ausgewesen” sei und dann noch ein Glas Bier getrunken habe; wie spät es gewesen sei, wisse er nicht, denn zu Hause habe man keine ,,Klocke”. Den Polizeibeamten habe er nicht beleidigt und auch nicht gestoßen. Ihn ginge die Sache nichts an, denn er sei kein Teupianer.                              

Obwohl er von der anderen Partei war, verhielt sich Hagel loyal und gab keine anderen Teilnehmer an. Auch verweigerte er die Unterschrift, da er nicht gut lesen könne.

Nicht so loyal war der nächste Vorgeladene, Tecklenborg. Dieser wußte, daß die ganzen Teupianer dagewesen waren, deren Namen er aber nicht nannte. Dafür gibt er aber drei Hagelisten an.

Auch Tecklenborg verweigerte die Unterschrift unter das Protokoll. Der danach vernommene Sandmann fragte, warum sie, die Dörfergesellen, nicht nach 23 Uhr tanzen dürften, in Ahlintel und Hollingen sei neulich auch länger getanzt worden. Die Bauern müßten die Verordnung ebenso einhalten, wie die Dörfergesellen. Auch Sandmann nennt nur Namen von der Partei des Hagel und verweigert die Unterschrift.

Der folgende Lanvers erklärte, man müsse den einen behandeln wie den anderen. An dem Tage, als den Dörfergesellen ihr Schützenfest verboten worden sei, hätten die Westumer sogar bis morgens 5 Uhr getanzt, ohne daß jemand bestraft worden sei. Weil diese nicht bestraft seien, glaubten sie auch nicht straffällig zu sein. Auch Lanvers verweigerte die Unterschrift.

Brüggemann, der von der Partei des Hagel war, gab an, ihn ginge das ja nichts an. Er habe zwar mitgemacht, aber die andere Partei habe Schluß machen müssen. Er hätte ja nicht gewußt, wie lange die anderen hätten tanzen dürfen. Auch er lehnte die Unterschrift ab.

 

Mittlerweile war es September geworden. Zwölf Personen lud man dieses Mal vor. Anscheinend hatte der König Hilbers eine Liste eingereicht. Keiner stritt ab, bei Bölefahr gewesen zu sein. Wie spät es aber gewesen sei, wisse man nicht mehr. Keiner hätte nach der Uhr gesehen, und es sei ja auch dunkel gewesen. Es beschwerten sich alle, daß man in den Bauerschaften länger tanzen dürfe. Das Verbot sei für alle erlassen worden, auch für die Bauerschaften. Es sei doch auch ein unschuldiges Vergnügen. Die Namen der zwölf Geladenen sind:

1. Herm. Beike

2. Herm. Lütkes

3. Theodor Lücke

4. Herm. Deitmaring

5. Herm. Tecklenborg

6. Jos. Wenners

7.   Bernh. Wenners

8.   Heinr. Rengers

9.   Herm. Rengers

10. Gerh. Bröcker

11. Adolf Ortmeier

12. Wilm. Brüggemann

Sie reichten eine Teilnehmerliste mit folgenden Namen ein:

 

  1.   Josef Bröcker   

  2.  Gerd Löbbel                                                    

  3.  Anton Brüggemann

  4.  Gerh. Knup  

  5.   Herm. Brüggemann   

  6.   Heinr. Hörsting   

  7.   Heinr. Stolze 

  8.   Heinr. Beulligmann  

  9.   Gerhard Besker 

10.  Heinr. Blanke 

11. Bernd Nießing

12. Gerd Herm. Nießing

13. Bernd Kloppenborg

14. Lukas Lütke

15. B. Hörsting

16. Bernd Brüggemann

17. Heinr. Brüggemann

18. Bernd Hollefeld

19. Franz Wedy

20. Franz Saalmann

21. Gerd Saalmann

22. Gerd Frohn

23. Josef Laumann

24. Gerd Welp b. Bäumer

25. Josef Schmitz Anton Schmitz

26. G. Alatze

27. Heinr. Voß

28. Bernd Rengers

29. Herm. Rengers

30. Gerh. Döhmer

31. Klemens Kloppenborg

32. B. Eysfing

33. Luger Finke

34. Bernd Sandmannn

35. Herm. Teupe

36. Herm. Jürgens (Bischhof)

37. B. Heinr. Wenneker

38. B. Wenners

39. Wilm Büker

40. Herm. Rengers (Auf dem Hügel)

41. Wilm Brüggemann

42. Chtr. Wegmann (Auf dem Hügel)

43. Bernhard Zurstege

44. Wilm Berkemeyer

45. Franz Albers

46. Franz Kösters

47. Berd Hüls

48. Anton Stiegemann

 

 

Diese Liste wurde überreicht. Als die Männer ihre Namen unter das Protokoll setzen sollten, verweigerten auch sie die Unterschrift. Als Zeugen dafür, daß sie die Unterschrift verweigerten, setzten Franz Müller und Gerd Kloppenborg ihre Namen unter das Protokoll.

J. Wähning und Gerd Warpenberg, die morgens geladen, aber nicht erschienen waren, fanden sich nachmittags ein, da sie verhindert gewesen seien.

Wähning gab zu, nach 23 Uhr noch getanzt zu haben; daß der Polizeidiener Feierabend geboten habe, wisse er nicht. Warpenberg will vor 23 Uhr schon nach Hause gegangen sein. Auch sie weigerten sich zu unterschreiben, weil die anderen Junggesellen auch nicht unterschrieben hätten, so wollten auch sie nicht gerne unterschreiben, da sie sich sonst von den übrigen ausgelacht würden.

Die dann vorgeladenen B. Hollefeld und Jos. Schmitz wußten auch von nichts. Hollefeld war bis 23.30 Uhr anwesend und hat dann bei Kiffmeyer nur ein Glas Zuckerwasser getrunken. Schmitz gab an, weiter getanzt zu haben. Weil die andern nicht unterschrieben hätten, wollten sie auch nicht die ersten sein und verweigerten daher die Unterschrift. Es folgte dann die Vernehmung von 14 anderen Personen, die teils bekundeten, daß sie, als Feierabend geboten wurde, nach Hause gegangen seien, ein Teil sagte, daß sie nicht von dem Gelage der Teupianer seien und daher mit der Sache nichts zu tun hätten; sie wollten nur mal einen Schnaps trinken. Wie spät es gewesen sei, wußte niemand. Auch sie verweigerten die Unterschrift.

Am 7. September sind 16 weitere Personen vorgeladen worden, die zum Teil bekundeten, daß sie gar nicht dabeigewesen seien. Andere sagten, daß sie das Fest verlassen hätten, gleich nachdem Feierabend geboten worden sei. Einer meinte, er hätte nur Schnaps getrunken und solange der Wirt ihm einschenke, dürfe er doch trinken. Niemand wußte, wann er nach Hause gekommen ist, und bei den letzten Gästen wollte niemand gewesen sein. Fünf hätten mit dem Gelage nichts zu tun gehabt. Auch diese 16 Personen verweigerten die Unterschrift. Am 9. September wurde der aus Leer gebürtige Schneidergeselle Bernhard Eyssing vernommen. Dieser bekundete, daß er mit Gerh. Döhmer um 23 Uhr nach Hause gegangen sei.

Bernhard Eyssing war der erste, der unterschrieb. Die Emsdettener hielten stand. Eyssing war ein Fremder. Am 11. September waren wieder drei Mann geladen. Auch diese sind nach ihrer Aussage gegen 23 Uhr oder etwas später nach Hause gegangen. Auf die Uhr hätten sie nicht gesehen, weil man das an solchen Tagen, wo man sich lustig mache, nicht tue. Daß Feierabend geboten worden sei, wüßten sie nicht. Von ihnen war auch keine Unterschrift zu erhalten.

Noch zwei andere wurden am gleichen Tage vernommen, die um 22 Uhr bzw. 23 Uhr nach Hause gegangen waren. Sie verweigerten ebenfalls die Unterschrift.

Anschließend wird der Zimmerer Heinrich Brüggemeyer aus Riesenbeck vernommen. Er will nur als Zuschauer dagewesen und bestimmt um 23 Uhr nach Hause gegangen sein, er habe mit der Überschreitung der Polizeistunde nichts zu tun. Brüggemeyer leistete die Unterschrift.

Ferner wurde am selben Tage noch der Knecht von Horstmann, Baultigmann mit Namen, vernommen, der um 22.30 Uhr schon zu Hause gewesen sein will, wie auch seine Wirtin bezeugte. Obwohl Baultigmann kein Emsdettener, sondern aus Greven sei, verweigerte er auch die Unterschrift mit der Bemerkung,  daß er mit den Junggesellen nicht gerne was zu tun haben möchte. Wie es scheint, hatte man sehr viele angegeben, die an der Feier nur als Gäste teilgenommen hatten, um die Sache zu verwirren und um dem Amtmann Arbeit zu machen und ihn zu ärgern. So war es auch bei den folgenden beiden,  dem Lehrer Sandmann von Emsdetten und dem Lehrer Finke aus Hembergen, die nacheinander zu Protokoll gaben, daß sie mit der Sache nichts zu tun hätten, nur ein Glas Bier getrunken und um 22.30 Uhr bereits zu Hause gewesen seien. Mit ihnen sei der Wannenhändler Kloppenborg gegangen. Dieser bekundete es auch in dem folgenden Protokoll. Sandmann, Finke und Kloppenborg unterzeichneten ihre Protokolle. Am 21. September unterzeichneten die Brüder Rengers ihre Aussage, daß sie mit der Sache nichts zu tun hätten und schon vor 23 Uhr nach Hause gegangen seien. Sie hätten an dem Abend lediglich ein Glas Bier getrunken.

Der Böttcher Wilm Bücker will auch nur etwas getrunken haben. Er hätte nicht gewußt, daß das verboten ist. Er sei vor 23 Uhr nach Hause gegangen. Er leistete seine Unterschrift. Ebenso ein Westumer, der Kleidermacher Brüggemann, 45 Jahre alt, der in einer anderen Wirtschaft Karten gespielt hatte, und nur kurz bei Bölefahr eingekehrt war. Mit den Junggesellen, die tanzten, hätte er nichts zu tun. Es könne 24 Uhr gewesen sein, als er nach Hause gegangen sei. Theodor Helmers sagte, er sei für seinen Sohn zum Arzt nach Burgsteinfurt gewesen. Da dieser Franzbranntwein verschrieben habe, hätte er diesen geholt, sich dabei etwas länger aufgehalten und dem Tanzen zugesehen.

Er machte an Stelle seines Namens drei Kreuze. Am 26. Oktober wurde der letzte vernommen, der Student Gerh. Becker. Dieser sagte, auch er habe mit der Sache nichts zu tun, er sei nur im Postzimmer gewesen (Bölefahr unterhielt auch die Post). Vor 23 Uhr sei er schon zu Hause gewesen.

Damit waren die Vernehmungen beendet. Sie hatten also vom 24. August bis zum 26. Oktober stattgefunden. Viel Zeit wurde verwandt, viel Papier beschrieben, Akten füllten sich mit den langen Protokollen. Die Strafe folgte, es ist aber nicht mehr festzustellen, wie hoch sie ausfiel. Nur aus einem Aktenblatt kann man erfahren:

 

“Das Strafresultat wird abzufassen sein wider den Wirt Bölefahr und den Musiker Teupe und gegen 35 Gesellen, deren Namen verzeichnet sind, die aber in den bereits erwähnten  Protokollen vorkamen”

 

Somit hatte eine leidige Sache ihr Ende gefunden, die in jener Zeit viel Staub in Emsdetten aufgewirbelt hatte. Sicherlich trug sie auch dazu bei, daß im folgenden Jahr noch kein Schützenfest stattfand. Danach hörte man nichts mehr von Schwierigkeiten, und man darf annehmen, daß alle Feste in bester Harmonie verliefen.

Obwohl nicht alle Mitglieder bei der oben genannten Tanzfestlichkeit anwesend waren, so ist aus der eingereichten Teilnehmerliste doch zu entnehmen, daß die Gesellschaft, den damaligen Bevölkerungszahlen entsprechend, eine hohe Mitgliederzahl hatte. Emsdetten zählte zu jener Zeit gut 3500 Einwohner.

Ein Vorkommnis, das einige Jahre später die Gemüter noch viel mehr bewegte, sei an dieser Stelle gleich erwähnt. Der Bericht des Bürgermeisters darüber lautet:

 

“Emsdetten, den 23. Juni 1845.

Die Junggesellen der hiesigen Bauerschaft Westum befinden sich seit einigen Jahren in zwei verschiedenen Parteien geteilt, welche sich dann in Privathäusern auf gemeinschaftliche Kosten verschiedentlich durch Tanz belustigen, wodurch dann allerlei Streitigkeiten und Neckereien entstehen. Zuweilen sind schon Schlägereien zwischen denselben vorgefallen, die zur gerichtlichen Anzeige gebracht dann aber wieder verglichen sind.

Am Sonntag, dem 15. Juni 1845, war wieder eine solche Tanzlustbarkeit von einer Partei Junggesellen, welche sich ,,Schlösser” nennen, beim Kötter Pleimann veranstaltet, wohin sich auch der dem Trunke ergebene 28-jährige Sohn des J. M. in Westum, namens Ludger, ein sehr streitsüchtiger Mensch von der anderen Partei, ,,Ächterhööker” genannt, begeben hatte. Gegen diesen L. M., welcher früher einem Junggesellen den Rock entzwei gerissen, einem anderen an den Kopf geschlagen hatte, hatten mehrere Gesellen einen Haß, welcher an diesem Abend zum Ausbruch kam. Dem M. wurde sein Rock auf dem Leibe zerrissen und derselbe auf die Erde geworfen, dann aus dem Hause geschleppt und in der Mistgrube des Pleimann mit Füßen getreten. Letzteres ist zu stark geworden, so daß der M. am Dienstag nachmittag zwei Uhr bereits gestorben ist und zwar unter den, größten Schmerzen. Bei der von Gerichtswegen angeordneten Obduktion der Leiche durch den Kreisphysikus Dr. Brosius hat sich ergeben, daß die Urinblase einen 3,5 Zoll langen Riß bekommen hatte, so daß der Unterleib ganz mit Blut angefüllt war, welche Verletzung für absolut tödlich ist erklärt worden. Nach der von mir eingeleiteten polizeilichen Untersuchung hat mir der sterbende M. zwei Individuen, einen aus Ibbenbüren gebürtigen, hier wohnenden Ackerknecht Bernhard G. und den Webergesellen Bernhard H. von hier als Urheber bezeichnet. Eine Deputation des Land-  und Stadtgerichts Rheine ist vom 17. Bis 21. hier anwesend gewesen, um die fernere Untersuchung zu führen, wo dann noch der Webergeselle Anton D. und Heinrich E., beide aus hiesiger Bauerschaft Westum, als Mitschuldige ermittelt und mit vorgemerkten zwei Junggesellen an das Zuchthaus in Münster bereits abgeführt sind. Vermutlich sind noch mehrere Gesellen mit in dieser Sache verwickelt. Obgleich es schwer halten wird, diejenigen bestimmt zu ermitteln, welche dem Ludger M. den Todesstoß versetzt haben. Dieser Hergang beweiset wohl augenfällig, wie nötig es ist, daß auch die Tanzlustbarkeiten, welche in Privathäusern von Landleuten respt. Junggesellen auf gemeinschaftliche Kosten veranstaltet werden, Von polizeilicher Genehmigung abhängig zu machen sind. Und auch solche der polizeilichen Beschränkung mal bedürfen so daß ich hierauf mit Bezug auf Ew. Hochwohlgeborenen Cirkular-Verfügung vom 10. 4. d. J. Nr. 2234 gehorsamst anzutragen mir erlaube. Damit fernere Unordnungen in der Bauerschaft Westum vorgebeugt werden, auch diejenigen Junggesellen, welche demnach mitschuldig des Totschlages sind, wenn sie auch nicht durch den Arm der Gerechtigkeit erreicht werden, in etwa Strafe leiden, da sie wegen von beiden Parteien früher begangenen Unordnungen und Schlägereien mehr oder minder Schuld an dem qualvollen Tod des M. haben, so dürfte die Haltung von Tanzbelustigungen in der Bauerschaft Westum wenigstens auf zwei Jahre gänzlich zu verbieten sein, und bitte ich Ew. Hochwohlgeborenen gehorstemst, dies genehmigen zu wollen.

 

Der Amtmann, Speckmann.”

 

Darauf wurden die Tanzlustbarkeiten in Westum auf zwei Jahre verboten. Da die Tat am 23. Juni geschah, ist anzunehmen, daß das bei Lintel abgehaltene Fest in diese Zeit fiel. Die Verhaftung der Mitglieder zu Maimarkt kann damit nichts zu tun haben, da dieses schon vorher stattgefunden hatte.

Wegen des genannten Totschlages wurden folgende 14 Personen verhaftet und nach Münster ins Zuchthaus überführt:

Josef Hummert in Westurn und dessen Knecht Heinrich Brockmeier,

Gerhard Waldkötter, Knecht bei Schulze-Bisping,

Ackerknecht Bernhard Glassmeier,

Bote Bernhard Hopster,

Weber Heinrich Albers,

Weber Heinrich Untiedt bei Konert,

Weber Heinrich Diekhues,

Weber Heinrich. Eßmeier,

Weber Hermann Bertling,

Weber Karl Dalleiger,

Weber Anton Diekhues,

Weber Wilhelm Diekhues,

Weber Josef Brüggemann.

 

Der eigentliche Täter ließ sich nicht ermitteln. Wie hoch die Strafe ausgefallen war, läßt sich aus den Akten leider nicht feststellen. Diese Tat hielt natürlich lange die Gemüter in Bewegung, hatte aber das Gute zur Folge, daß sich die Parteien auf besonderes Betreiben des Bürgermeisters Speckmann und des Pfarrers Kümpers vertrugen, so daß es, wie feststeht, in den 50er Jahren ein einheitliches Westumer Schützenfest gab.

Soweit die ältere Geschichte der Schützengesellschaften, wie sie aus den Akten im Stadtarchiv zu ersehen ist. Wer sie flüchtig durchliest, kann der Meinung sein, daß in all den Jahrhunderten bei den Schützengesellschaften viel Zank und Streit herrschte. Und doch sind es nur wenige Feste, die gestört wurden. Ruhestörungen kamen überall vor. Außerdem muß man bedenken, daß die Polizei von jeder Anzeige profitierte und daher möglichst viel zur Anzeige brachte. Auch muß man die Zeitverhältnisse in Betracht ziehen. In kurzer Zeit wechselten unsere Vorfahren ihren Landesherrn. Vom Oberstift Münster kamen sie zum Fürstentum Rheina-Wolbeck unter dem Herzog von Loods-Corswaren, dann zu Frankreich. 1813 bis 1815 wurden sie dem preußischen Staat unterstellt.

Daß dieser Wechsel, auch die Kriegsjahre mit ihren Truppen, die durch das Land zogen und den vielen Einquartierungen, ihren Einfluß auf die Bevölkerung nicht verfehlten, liegt auf der Hand. Die damals von Frankreich ausgehenden freiheitlichen Bestrebungen mögen auch dazu beigetragen haben.

Auch muß man die Bildungsstufe der Bevölkerung mit in Betracht ziehen. Die meisten waren Analphabeten, die weder schreiben noch lesen konnten, wie man dieses aus einer Akte, auf der Markeninteressenten, also die Haus- und Grundbesitzer, ihre Unterschrift zu einem Markenverkauf leisten mußten, feststellen kann. Von den rund 300, die unterschrieben, konnten nur etwa 100 ihren Namen schreiben, die anderen unterzeichneten mit drei Kreuzen. Dieses und das vorher Gesagte muß man bei der Gesamtbeurteilung mit in Betracht ziehen. Ferner auch, daß Bürgermeister Speckmann, ein Mann aus echtem Schrot und Korn, der für die Gemeinde Großes leistete und hohen Ordnungssinn besaß, keine Übertretung irgendeines Paragraphen duldete und besonders den Ruhestörern zu Leibe ging. Und jeder wird sich in späteren Jahren gefreut haben, daß er so vorging. Schuld aber auch an den Streitigkeiten hatten die Raumgrößen der Tanzlokale. Diese waren zu klein, wie auch der Bürgermeister  selbst zugab. Daß die Kirchspielsschützen sich wehrten, als man ihre jahrhundertealten Rechte schmälern wollte, ist nur zu verständlich. Jahrhundertelang war man Markenrichter gewesen, hatte das Vogelschießen gefeiert, den Schnatgang (Grenzgang) abgehalten, die Übeltäter bestraft und von dem Erlös das Schützenbier (Schüttenbeer) bestritten.

Bei der Säkularisierung ging das Markenrichteramt auf den Fürsten zu Rheina-Wolbeck über. Und dieser kleine, in Bentlage bei Rheine residierende Fürst forderte, um seine Einnahmen zu steigern, von den Verkäufern ein Drittel des Erlöses, bei öffentlicher Ausbietung. Dieses führte dann zu dem bekannten Streit, der mit der Auflösung (leider) der jahrhundertealten Kirchspiel- Schützengesellschaft endete. Aber die anderen Gesellschaften erwachten zu neuem Leben und breiteten sich immer mehr und mehr aus, wie wir aus dem nächsten Kapitel ersehen werden. Ihre Feste waren schöne Feste, woran die ganze Bevölkerung teilnahm. Schützenfest war und ist das Hauptfest, auf Platt ausgedrückt, der “Graute Beerdag”.

 

     

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